Vita Ernst Horneffer

Prof. Dr. Ernst Horneffer wurde geboren am 7. September 1871 in Stettin. Er besuchte das Bugenhagen-Gymnasium in Treptow a. d. Rega. Er widmete sich zunächst dem Studium der alten Sprachen und der Archäologie, drei Semester in Berlin und acht Semester in Göttingen. Dort promovierte er im Jahre 1895. Inzwischen hatte er sich der Philosophie zugewandt. Er übte längere Zeit als Privatgelehrter die Tätigkeit öffentlicher Vorträge aus, die sich in der Hauptsache auf das Gebiet der Religionsphilosophie bezogen. Während dieser Zeit lebte er zuerst in Leipzig, dann in München. In Jahre 1918 habilitierte er sich für Philosophie an der Universität in Gießen.

Neben der akademischen Lehrtätigkeit setzte er seine öffentliche Lehrtätigkeit fort. Als er trotz des politischen Umschwungs einen Vortrag über Spinoza gehalten hatte, wurde ihm von der nationalsozialistischen Regierung der Lehrauftrag und damit die Besoldung entzogen. Bald darauf wurde er von der Universität ausgeschlossen. Da er seine öffentliche Vortragstätigkeit weiterführte und hierbei Vorträge über Goethe mit bedeutendem Erfolg hielt, wurden ihm diese Vorträge verboten und ihm zugleich jede mündliche und schriftliche Tätigkeit untersagt.

Nach der Entfernung von der Universität lebte er einige Jahre in Northeim-Hann. und seit 1945 in Iserlohn. Nach der politischen Umwälzung hat er seine öffentliche Lehrtätigkeit wieder aufgenommen.

Ernst Horneffer verstarb am 5.9.1954 in Iserlohn.

Aus dem Buch Goethe als Künder des Lebens, München 1947. Published under Military Government Information Control

Lebenslauf von Dr. Ernst Horneffer

(Dieser Lebenslauf wurde von Ernst Horneffer etwa im Jahr 1917 zum Zwecke der Habilitation verfasst. Er befindet sich in der Personalakte Ernst Horneffers im Universitätsarchiv Gießen. Er wurde hier etwas gekürzt. KH)

Am 7. September 1871 wurde ich in Stettin geboren als Sohn des Kgl. Landschaftsbeamten August Horneffer und dessen Ehefrau Emilie, geb. Jahnke. Im Jahre 1875 siedelte mein Vater als Landschaftsrendant nach Treptow a.R. in Pommern über, wo er bis zu seinem 1906 erfolgten Tode verblieb, sodass ich meine Jugend ununterbrochen in dem kleinen Landstädtchen verbrachte. Im Jahre 1880 trat ich in das dortige Bugenhagen-Gymnasium ein und verließ es 1890 mit den Zeugnis der Reife mit der Absicht,  alte Philologie zu studieren.
Neben den philologischen Vorlesungen " besonders griechische Philosophie- und Religionsgeschichte bei Diels " brachte ich fast die ganze übrige Zeit in den Museen zu und trat auch persönlich zum damaligen Leiter der antiken Abteilung Professor KekulĂ© näher, der im Gegensatz zu der rein empirischen Tatsachenforschung eine ästhetische Bewertung im Sinne Winckelmanns an die griechische Kunst herantrug, die ganz meiner Stimmung entgegenkam. Meine Neigung zur antiken Kunst wurde so lebhaft, dass ich mich schon nach den zweiten Semester dem mir befreundeten damaligen Privatdozenten Dr. Graef, späteren Professor in Jena, zu einer Reise nach Griechenland anschloss. Ich konnte in Athen und auf längerer Reise durch den Peloponnes den periodischen Vorträgen des Leiters des deutschen Archäologischen Instituts, Prof. Dörpfeld, in Gegenwart der berühmten Ausgrabungsstätten beiwohnen.
Nach Deutschland zurückgekehrt bezog ich die Universität Göttingen, um mich bei v. Wilamowitz-Möllendorff, der damals dort lehrte, von neuem und ausschließlich dem griechischen Schrifttum zu widmen. Der pädagogische Scharfblick dieses hervorragenden Universitätslehrers bewies sich mir gegenüber darin, dass er mich sofort auf die griechische Philosophie verwies, indem er mich zur Bearbeitung einer von der Göttinger Akademie der Wissenschaften gestellten Preisaufgabe über einige platonische Jugendschriften veranlasste. Von der antiken Philosophie griff ich zur modernen Philosophie über und widmete besonders Kant und Schopenhauer eingehendes Studium. Dann lernte ich gegen Ende meiner Studienzeit die Schriften Nietzsches kennen. Inzwischen promovierte ich im Jahre 1895 mit einem Teil meiner gekrönten Preisaufgabe mit der Dissertation: "De Hippia maiore qui fertur Platonis".
Vor die Berufswahl gestellt, wollte ich mich zunächst in Halle bei Vaihinger und Benno Erdmann, der damals in Halle war, für Philosophie habilitieren, die mir auch beide ihre Förderung zusagten. Aber zu tief war ich von dem religiösen Problem ergriffen, zu leidenschaftlich in mir der Hang (unter Nachwirkung von Lagarde und Nietzsche) nach lebendiger Reformtätigkeit, der ich als unabhängiger Schriftsteller und Redner zu genügen suchte. Der vielfach irrigen Auffassung Nietzsches, die damals verbreitet war, suchte ich mit interpretatorischen Vorträgen über ihn entgegenzuwirken, die mir eine viel zu weitgehende Identifikation mit der Gesamtheit der Ideen Nietzsches in der öffentlichen Meinung eingetragen haben, die so niemals bestanden hat.
Im Jahre 1897 verheiratete ich mich nach fünfjähriger Verlobungszeit mit Hedwig Lotze, Tochter des Medizinalrats Dr. Konrad Lotze in Osterode a.H., einer Enkelin des Philosophen Hermann Lotze. Unserer Ehe sind sechs Kinder entsprungen.
Nachdem wir kurze Zeit in Darmstadt und Lausanne zugebracht hatten, wo ich gleichzeitig als Privaterzieher wirkte, siedelten wir 1899 nach Weimar über, wohin mich die Schwester Nietzsches zur Herausgabe seines Nachlasses berufen hatte, an welcher Aufgabe bald auch mein Bruder August Horneffer teilnahm. In der Frage der Gestaltung der Ausgabe selbst konnten wir unsere Auffassung bei der Schwester Nietzsches nicht zur Anerkennung bringen.
Im Jahre 1901 siedelte ich nach Leipzig über, wo ich acht Jahre lebte, um von hier aus meine freie religiöse Lehrtätigkeit in der Öffentlichkeit wieder aufzunehmen. Mein jüngerer Bruder und ich gaben im Anschluss an diese Tätigkeit ein gemeinsames Werk heraus: "Das klassische Ideal". Den Inhalt dieser Reden und Schriften halte ich in wesentlichen Teilen heute nicht mehr aufrecht. In der Einleitung zu dem Buch "Am Webstuhl der Zeit", welches meine positiv religiös-ethischen Gedanken enthält, habe ich jene kritischen Arbeiten der früheren Zeit auch ausdrücklich als überholt bezeichnet.

vgl. Wikipedia (EH)

vgl. auch Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon Verlag Traugott Bautz GmbH. Band XXI (2003) Spalten 668-681: Ernst Horneffer. Autor: Thomas Mittmann

Helmut Meinhardt: Ernst Horneffer, in: Gießener Gelehrte in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts, Marburg 1982, S.443-451.